3 ausgewählte Impulse für konsequent zu Ende gedachtes Onboarding
In der Regel hört für Unternehmen der Recruiting-Prozess mit dem Setzen der Unterschrift auf den Arbeitsvertrag auf. Sind es bis hierhin noch klare Prozesse und Abläufe, gibt es beim nachfolgenden Start des neuen Mitarbeiters nur diffuse Vorgehensweisen und unklare Absprachen. Das sogenannte Onboarding, also das „an Bord holen“ des neuen Mitarbeiters ist aber wesentlich für die Intergration, Motivation und Produktivität. Wie könnte das aussehen? Hier ein inszeniertes Beispiel, wie es kaum besser sein könnte.
Dieser Blog wurde von Ute Schmeiser verfasst.
Tobias beginnt seinen ersten Tag. Er betritt mit diesem Enthusiasmus das Firmengebäude, der den ersten Tagen eines neuen Jobs geschuldet ist. Er geht zielstrebig zur Treppe, gelangt in den ersten Stock und überquert den Flur. Auf seinem Weg sind ihm vom Vorstellungsgespräch und dem anschließenden Schnuppertag die Kunstwerke in Erinnerung geblieben. Aber auch die verlockende italienische Kaffeemaschine in der bunten Loungeecke begegnet ihm wieder. Seine Kollegen und Teammitglieder begrüßenn ihn mit Namen und aufrichtigem Interesse. Er schnappt sich aus seinem Fach seine neue ID-Karte und geht zu Florian, seinem Pate, der ihn schon erwartet. Mit einer umfangreichen „Willkommens-Startbox“ begrüßt er ihn und fragt erstmal, ob alles gut geklappt hat mit dem Parken und so, wie der Urlaub in Tunesien war und ob er den Kaffee schwarz trinkt? Vielleicht doch lieber eine kühle Limonade, die hat Melanie heute morgen selbst gemacht. Interessiert? An seinem Schreibtisch angekommen, freut sich Tobias über einen kleinen Blumengruß, ein funktionierendes Passwort und ein erstes Kennenlern-Meeting mit seinem zukünftigen Team.
Eine Onboarding-Fiktion? Storytelling? Wunschdenken? Wahrheit?
Vielleicht von allem etwas? Vielleicht im Ansatz bei Ihnen im Unternehmen so wiederzufinden? Auf jeden Fall ist es etwas ganz Wesentliches: Ein werteorientiertes und strategisches Onboarding-Konzept.
Onboarding? Das machen doch nur die großen Konzerne!
Brauchen Sie das als kleines oder mittleres Unternehmen? Müssen Sie die ersten 100 Tage wirklich planen, reicht es nicht die wichtigsten Infos nach der Vertragsunterzeichnung zuzuschicken. Der Rest findet sich. Der integriert sich schon von allein und die Kollegen kümmern sich doch auch. Sie denken: „Der soll gleich mal Eigeninitative zeigen und außerdem haben wir dafür keine Zeit oder Ressourcen“?
Studie belegt mangelnde Information
So oder ähnlich sieht das bis heute in den meisten Unternehmen in Deutschland aus. Lt einer StepStone Studie https://www.stepstone.de/ueber-stepstone/knowledge/onboarding-im-fokus/ aus dem zweiten Quartal 2018, bei der insgesamt über 13.000 Fach- und Führungskräfte in Deutschland befragt wurden, bekommen nur 45% der neu eingestellten Mitarbeiter die Chance, Fragen vorab mit dem zukünftigen Vorgesetzten zu klären. Nur rund ein Drittel erhält vorab Informationen zum Ablauf des ersten Tages. 86% der Teams waren über den neuen Mitarbeiter informiert (d.h. 14% wussten nicht, wer da über den Flur läuft). Nur bei 38% wurde ein Einarbeitungsplan erstellt.
Können Unternehmen sich das überhaupt noch leisten?
Arbeitgeber sehen sich zunehmend dem Fachkräftemangel gegenüber und werden gezwungen, Sichtweisen zu ändern und jahrelang praktiziertes Personalmanagement zu hinterfragen. Ansprüche insbesondere der Generationen Y und Z ändern alles. Bewerber suchen sich ihren Arbeitgeber aus (nicht umgekehrt) und das nicht nur nach monetären Gesichtspunkten. Vielmehr sind es Benefits weit darüber hinaus, die ihre Wahl maßgeblich beeinflussen. Neben der viel beschworenen Work-Life-Balance sind es die Werte, für die ein Unternehmen steht. Wie ist die Unternehmenskultur, gibt es ein Leitbild, das – was das entscheidende ist – auch gelebt wird?
Die Auswahl auf Seiten der Stellenangebote ist einfach zu groß, in manchen Branchen so groß, dass man sie mit einem Joghurt-Regal im Supermarkt vergleichen könnte. Sehen Sie die riesige Auswahl bildlich vor sich? Vielleicht hinkt dieser Vergleich ein wenig, aber stellen Sie sich vor, Ihr Unternehmen ist ein Joghurt. Vielleicht Pfirsich-Banane, etwas exotischer als andere, aber ein Joghurt. Sehen Sie rechts und links, oben und unten die Mitbewerber? Noch exotischer, mit mehr Nutzen als Sie es versprechen, ansprechender Verpackung, günstigem Preis, bio oder vegan?
Im Onboarding feiern Sie Ihren neuen Mitarbeiter. Rollen Sie den roten Teppich aus an seinem ersten Tag. Seine Leistung, seine Motivation und seine Treue sind Ihre Erfolgsfaktoren, jetzt, morgen und zukünftig.
Werden Sie attraktiv mit einer Willkommens-Kultur
Jedes Unternehmen hat eine Unternehmens-Kultur, gut, schlecht, gepflegt, verhunzt. Sie ist da und beruht auf Werten. Diese Werte können einen Onboarding-Prozess mit einer wertschätzenden Willkommens-Kultur tragen. Aber Achtung: Profit, Gewinn, Umsatz sind keine Werte. Respekt, Verantwortung, Offenheit sind es sehr wohl. Und sie kommen von innen, von den Mitarbeitern, die schon im Unternehmen arbeiten, gefördert und gefordert von oben, der Geschäftsführung.
Daher ist es ein guter Anfang, sich als Chef an höchster Ebene mit diesem Thema zu beschäftigen, evtl. Berater und Coaches zu engagieren und die Unternehmenskultur neu oder angepasst zu definieren und zu entwickeln.
Im nächsten Schritt gilt es, die Beteiligten, die mit dem Personalmanagement beschäftigt sind, an einen Tisch zu bringen. Neben der HR Abteilung sind dies weitere Personen, z.B. Teammitglieder, Marketing/Vertrieb, Interessierte/peripher Beteiligte. Durchleuchten Sie den bisherigen Prozess, sehen Sie ihn durch die Brille eines neuen Mitarbeiters. Weiß er, wo sein Schreibtisch steht, wie das mit den Arbeitszeiten funktioniert, welche Möglichkeiten es in der Mittagspause gibt, wer für ihn verantwortlich ist und noch so vieles mehr.
Onboarding mit 3 ausgewählten Impulsen als Inspiration
Die Ankündigung
Auf einer Tafel oder einem Board, an dem jeder im Laufe des Tages vorbeiläuft, werden neue Mitarbeiter angekündigt. Je nach Wunsch mit Foto oder ohne, aber immer mit Name, Abteilung/Team, Startdatum. Persönlicher wird es z.B. mit Hobby, Lebensmotto oder Lieblingsmusik. Natürlich wird dieser „Steckbrief“ abgesprochen. Ihr neuer Mitarbeiter bestimmt, was die Kollegen schon vorher erfahren. Gleichzeitig erhält er (natürlich) eine vollständige Mitarbeiterliste mit Kontaktdaten, Raum und Funktion/Team.
Ergebnis: Wertschätzung als Teil des Teams, Information aller über neue Kollegen und die Chance, direkt am ersten Tag mit Namen angesprochen zu werden. Integration sozusagen als Pre-Onboarding.
Der Pate
Vielleicht kennen Sie es aus Kindergarten- oder Schulzeit: das Konzept des Paten. Ein neuer Mitarbeiter bekommt einen festen Paten für seine erste Zeit im Unternehmen, manchmal auch für die gesamte Zeit, wobei sich das Prinzip dann oft automatisch zum Mentoring entwickelt. Der Pate kennt die (ungeschriebenen) Gesetz, die Umgangsformen und Abläufe. Bei der Auswahl des Paten sollte berücksichtigt werden, dass er hierarchisch gleichgestellt ist und schon längere Zeit im Unternehmen tätig ist. Auch sollte eine Patenschaft mit Stolz und nicht mit Zwang angenommen werden.
Ergebnis: Sehr viel schnellere Intergration, weniger „Fettnäpfchen“ für den neuen Mitarbeiter und immer ein Ansprechpartner. Das entlastet die Führungskräfte und ermöglicht eine Ansprache auf Augenhöhe.
Das Startpaket
Entweder schon vorab, direkt nach der Vertragsunterzeichnung, oder am ersten Tag (z.B. durch den Paten) erhält der neue Mitarabeiter alle wichtigen Informationen. Eine Mappe, ein Ordner, ein ganzes „Paket“, das hängt von Funktion und Branche ab. Aber wichtige Informationen wie Mitarbeiterliste, Telefonnummer, Funktionsweisen Telefon, Zeituhr, PC oder ähnliches, Firmenbroschüren, Leitbild oder Social Media Guidelines gebündelt als Startpaket sind ein Zeichen der Wertschätzung und eine konkrete Hilfestellung.
Ergebnis: Der Mitarbeiter hat alle Informationen zur Hand, kann sich informieren und wenn noch etwas persönliches dabei ist, wie ein Anschreiben, eine Willkommens-Karte oder ein Blumengruß, fühlt er sich wahrgenommen und respektiert. Kleiner Extratipp: ein Kaffeebecher mit seinem Namen, ein Notizbuch oder eine Box mit gesunden Snacks sind nachhaltige und emotionale Anker.
Weitere Informationen und Impulse zum Thema Arbeitgebermarke und Onboarding finden Sie auf meinem Blog „Schmeiser Werbeblog“ und in meinem eBook „Strategien für eine wertvolle Arbeitgebermarke„.